Altersbestimmung von Feuerwehren
Wie alt ist meine Feuerwehr ... das fragen sich viele, landauf, landab, und das heute mehr denn je. Bei der Beantwortung dieser Frage möchten wir behilflich sein.
Vieleicht findet Ihr hier ( Feuerwehrgründungsdatenbank ) die Daten ... wenn nicht dann lest Bitte die folgenden Zeilen:
Als Grundlage für die Beantwortung dieser Frage steht das: Arbeitspapier des Referat "Brandschutzgeschlchte" der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) zur Existenz- und AItersbestimmung von Feuerwehren. Es gilt ganz vorsichtig als .,Empfehlung von Kriterien", die für die Entstehung der Feuerwehren wichtig sind (nachzulesen auch im "DFV-FeuerwehrJahrbuch 95/96").

 

 
Die Feuerwehrhistoriker sehen sich des öfteren mit Gründungsjubiläen von freiwilligen Feuerwehren konfrontiert, die nicht mehr kommentarlos akzeptiert werden können. Fast in jeder Gemeinde oder Verwaltungsgemeinschaft wird intensiv nach den Anfängen der freiwilligen Feuerwehr gesucht, bekannt sind sogar Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zur Erstellung von Chroniken. Leider werden diese Forschungen, vielfach aus Unkenntnis, nicht mit der erforderlichen Sorgfalt durchgeführt und gelegentlich wird auch über das Ziel hinaus geschossen.
Hier zeigt sich, das es einen dringenden Handlungsbedarf zur Qualifizierung der Geschichtsschreibung in den Feuerwehren gibt. Den Autoren dieses Artikels sind aus diesbezüglich geführten Gesprächen die Probleme bekannt. Mit der Veröftentlichung soll dem mit der Historie beschäftigten Personenkreis Unterstützung gegeben werden.
Das Feuerlöschwesen ist weitaus älter als der Begriff Feuerwehr. Laut einem Ägyptischen Papyrus gab es etwa 2000 vor unserer Zeitrechnung bei den alten Römern in der Provinz "Pannonien" (heute Ungarn) eine "Art" freiwillige Feuerwehr.

Um etwa 500 vor unserer Zeitrechnung waren wohl "Römische Vigiles" die erste organisierte Brandschutztruppe und bereits im Jahr 6 wurden in Rom "Feuerlöscheinheiten" eingerichtet, dennoch feierte die dortige Feuerwehren bisher "kein vierstelliges Stiftungsfest".
Ausgangspunkt für das organisierte Feuerlöschwesen in Deutschland sind die Feuerordnungen, in denen mehr oder weniger die Aufgaben zur Verhütung und zur Bekämpfung von Bränden niedergeschrieben wurde. Dieser Zeitraum begann mit der Feuerordnung der Stadt Erfurt aus dem Jahr 1351 und beläuft sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts.
Eine Feuerwehr, wie sie heute existiert, fußt (laut vfdb) auf den historischen Entwicklungen der Befreiungskriege, der Restauration, des Vormärz und der 48er Revolution. Sie ist von nationalem und gleichzeitig demokratischem Gedankengut geprägt, insbesondere von der aus den Stein`schen Reformen resultierenden kommunalen Selbstverwaltung in Preußen. Ableitend von diesen Grundsätzen ergibt sich der Zeitraum für mögliche frühe Feuerwehrgründungen und vor allem deren Vorläufer von 1820 bis 1850.


Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, daß der Begriff Feuerwehr nach Erkenntnissstand von 1996 erstmals 1847 in Karlsruhe verwendet wurde.
Organisiertes Löschwesen

Um Mißverständnissen vorzubeugen, wird ausdrücklich festgestellt, daß es seit dem ausgehenden Mittelalter sehr wohl in Deutschland ein organisiertes Löschwesen gab, was jedoch als genossenschaftliches, den Bürger verpflichtendes Löschwesen nicht der nachstehend definierten Organisationsform Feuerwehr entsprach. Vielerorts bestand auch nach einer Feuerwehrgründung zunächst dieses genossenschaftliche Löschwesen gemäß alter Feuerordnungen weiter. Gerade die Entwicklung zwischen 1820 und 1850 war fließend. Neben den noch bestehenden genossenschaftlichen Löschpflichtigen (organisiert durch Feuerordnungen) bildeten sich Vorläufer wie Rettungsgesellschatten und Bürgerwehren vor den Feuerwehren einschließlich der Turnerfeuerwehren.
Der Entwicklungssprung zur Feuerwehr beruht ausschließlich aut neuartiger Organisation bereits vorhandener Mittel und Personen. Kennzeichnend war eine erhebliche Steigerung der Wirksamkeit. Erst diese Neuorganisation schuf Feuerwehr als System.

Rettungsgesellschaften
Die Rettungsgesellschaften (SB) hatten es sich zur Aufgabe gemacht, in erster Linie Mobilar, aber auch Menschen aus Feuersgefahr zu retten. Sie deckten dabei die Lücken der alten Feuerordnungen, die im Brandfall hauptsächlich eine Brandausbreitung verhindern sollten, ab. Die Mitgliedschaft in diesen Gesellschaften war unbescholtenen Bürgern vorbehalten. Frühe Gründungen sind schon aus dem 18. Jahrhundert bekannt, anfangs fußten diese Gesellschaften noch auf dem genossenschaftlichen Prinzip, später galt auch hier demokratisches Gedankengut in der Organisationsstruktur des Vereins. Aus Rettungsgesellschaften entwickelten sich im Laute der Zeit auch Feuerlösch- und Rettungsgesellschaften, die über Lösch- und Rettungsgeräte verfügten und die Menschenrettung zu ihrer Primäraufgabe machten. Soweit eine solche Gesellschatt den Kern einer späteren Feuerwehr bildete, gilt sie als echter Vorläufer dieser Wehr. Historische Tatsache ist, daß diese Rettungsgesellschaften in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in erster Linie durch Gründungen von Feuervvehren um ihre Aufgabe gebracht, von der Bildfläche verschwanden.

Bürgerwehren
Als vaterländische Volksmiliz waren die Bürgerwehren Ergebnis der Befreiungskriege. In der Zeit des Vormärz (1815-1848) standen diese vorwiegend privaten vereinsrechtlichen Gesellschaften vor ihrer Auflösung. Auf der Suche nach neuen Aufgaben wurde vor allem in Süddeutschland der Löschund Rettungsdienst ein bevorzugtes Betätigungsfeld. Auch hier kann in einem solchen Fall bei lJberleitung der Bürgerwehr in eine Feuerwehr von einem Vorläufer gesprochen werden.

Turnerfeuerwehren
Als Folge der politischen Entwicklungen entstanden in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts allerorten auch Turnvereine (SB), die immer das Ideal der deutschen Einheit anstrebten und dabei oft auch radikal demokratische und republikanische Ideen verwirklichen woliten.
In den 40er Jahren begannen Gruppierungen innerhalb dieser Turnvereine, sich mit den Techniken des Leitersteigens und dem Bedienen von Feuerspritzen vertraut zu machen. Das Ergebnis dieser Entwicklung war ein regelmäßiger Übungsdienst, der zur Perfektion führte. Es erscheint so, als daß von diesen Gruppierungen erstmals die Wichtigkeit des ständigen Übens erkannt wurde. Das war ein wesentlicher Unterschied zu den in dieser Zeit noch bestehenden genossenschaftlichen Löschdiensten.
Es ist belegt, daß "Turnerfeuerwehren" in vielen Orten die Gründung von Feuerwehren als solche maßgeblich beeinflußt haben bzw. über längere Zeit Alternative zum genossenschaftlichen Löschwesen waren. Der Einfluß der Turner ist in den meisten Fällen dadurch belegt, daß die sogenannte Steiger bzw. "Steiger- und Retterkompanien" aus den Turnvereinen der Feuerwehr beitraten oder diesen Teilbereich unmittelbar als Turnverein übernahmen. Aus diesen Erkenntnissen ist eine enge Verflechtung zwischen Turnern und Feuerwehr belegt, die Ermittlung von Gründungsdaten dürfte in Fällen dieses Zusammenhanges schwierig sein, da die Turnvereine in der Regel älter als die Feuerwehren sind und sich meist mit der Gründung einer Feuerwehr, an der sie selbst beteiligt waren, nicht selbst autgelöst haben. In einem solchen Fall wäre der Turnverein zwar "Geburtshelfer", aber nicht Turnerfeuerwehr. Sofern sich jedoch aus der Keimzelle im Turnverein eine Turnerfeuerwehr "abgenabelt" hätte, wäre sie als echte Feuerwehr anzusehen.

Einfluß des französischen Feuerlöschwesens
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich das französische Feuerwehrwesen sehr rasant und erreichte einen hohen Standard, der für die anderen europäischen Länder über mehrere Jahrzehnte hinweg beispielhaft und richtungweisend war. Neben dem 1811 auf Befehl Napoleons 1. militärisch reorganisierten Pariser SapeurPompier-Bataillon, das 1821 in die französische Armee eingegliedert wurde, entstanden in den Städten bezahlte Municipial-Sapeur-Pompier-Corps und wurden weiterhin ab 1831 in fast allen Gemeinden Sapeur-Pompier-Abteilungen als selbständige Waffengattung innerhalb der Nationalgarde aufgestellt. Die Gründerväter der südwestdeutschen Feuerwehren verfolgten das französische Feuerlöschwesen mit großem Interesse und übernahmen eine Reihe der dortigen Regelungen für die Organisation, die Ausrüstung und die Ausbildung ihrer "Pompier-Corps".
Begriffe:
- Feuerwehr
Neben der allgemein gültigen Definition gemäß DIN 14011 Teil 9, wird aus historischer Sicht der Begriff wie folgt definiert:
Feuerwehr ist eine Ausrüstungs-, Ausbildungs- und Führungssystem das durch Zusammenwirken zum sofortigen Einsatz befähigt. Eine Feuerwehr ist durch geordnete, ruhige, überall am richtigen Ort angreifende, eingeübte Tätigkeit gezeichnet. Die Art der Mannschaftsgewinnung einer Feuerwehr ist von untergeordneter Bedeutung. Lediglich für den Status bei der Gründung spielt die Art der Mannschaftsgewinnung eine Rolle und führt zu den Unterscheidungen nach Freiwilliger-, Berufs- oder Pflichtfeuerwehr. Freiwillige- oder Berufsfeuerwehren sind nie genossenschaftlich, Pflichtfeuerwehren üblicherweise genossenschaftlich organisiert.

- ständige Wache
Wohngebäude mit Gewerberäumen und Feuerwehrgerät

rücken gegen Einsatzentgeld aus

- städtische Feuerwehr
berufliche Angehörige gemeindlicher Einrichtungen

wohnen in Wachgebäuden und rücken bei Weiterzahlung des Lohns aus

- Berufsfeuerwehr mit Nebenbetrieb
Neben der Feuerwehraufgabe andere Tätigkeiten für die Gemeinde

Feuerwehrbeamte

- Feuerlöschpolizei
Unterstellung unter den Bürgermeister als Ortspolizeiverwalter

Bewahren der Eigenständigkeit

- Feuerschutzpolizei
Regelung durch das Reich

Eingliederung in die Polizei
Aber: Personal und Ausrüstung durch die Gemeinde gestellt

- Freiwillige Feuerwehren mit hauptamtlichen Kräften
keine Anerkennung als Berufsfeuerwehr


- Kreislöschbereitschaften und Kommandos Feuerwehr
staatliche Einrichtungen, nicht der Gemeinde unterstellt

Funktionskriterien für die Existens einer Feuerwehr

unabdingbare Kriterien:
1. - gesicherte und schnelle Alarmierung der Löschkräfte
2. - unverzügliches Abrücken der Löschkräfte zur Einsatzstelle
3. - tatkräftiges Wirken einer einsatzwilligen und eingeübten Mannschaft
4. - Einsatz aller Löschkräfte unter einheitlicher Führung
5. - zweckmäßige Ausrüstung
6. - Sicherstellung der ständigen Einsatzbereitschaft,
       der gesamten Ausrüstung,
       vor allem der Feuerspritzen durch ständige Instandhaltung
7. - Gründungsakt
8. - Statuten, Organisationsregeln nach Innen
       ( Übungsvorschriften und Aufgabenzuweisungen )

Weitere Kriterien können sein:
    1. - Organisierte und schnelle Brandmeldung
    2. - Arbeitsteilige Aufbauorganisation in beispielsweise:
    Spritzenmannschaften,
    Löschmannschaften,
    Pumpenmannschaften,
    Steigermannschaften,
    Rettungsmannschaften und
    Sicherungsmannschaften.
    3. - Gliederung in taktische Einheiten wie beispielsweise:
    Rotte,
    Sektion oder Zug,
    Division,
    Kampanie,
    Abteilung oder Bataillon.
    4. - Sicherstellung der Löschwasserversorgung
           war meist schon vorhanden bzw. wurden aus Anlaß
           der Gründung einer Feuerwehr geschaffen.
    5. - Die Beschaffung von Feuerlöschgeräten und
    6. - Der Bau von Spritzen- und Gerätehäusern oder
           die Nutzung anderer Gebäude als Unterstellmöglichkeit.
Die Erfüllung dieser Kriterien war für das Erreichen des Systems Feuerwehr wünschenswert, aber nicht unbedingt nötig, laut (vfdb). Deshalb sind sie auch nicht zur Unterscheidung von Vorläufereinrichtungen und Feuerwehren geeignet.

Die Feststellung des Status bei der Gründung der Feuerwehr ( Freiwillige Feuerwehr, Berufsfeuerwehr oder Pflichtfeuerwehr ) leitet sich aus der Art der Mannschaftsgewinnung ab.
Die o.g. Hinweise können zumindest auch zum Nachweis des Bestehens einer Feuerwehr zu einem bestimmten Zeitpunkt genutzt werden, falls ein konkretes Gründungsdatum nicht oder gegenwärtig nicht ermittelt werden kann.
Altersbestimmung

Bei der Feststellung des Alters müssen zwei Gesichtspunkte berücksichtigt werden:
1. - Das Gründungsdatum einer nach o.g. Kriterien
       eingerichteten Feuerwehr ist zu ermitteln.
2. - Das Bestehen seit Gründung nach o.g. Kriterien und 
       das kontinuierliche, ununterbrochene Fortbestehen als 
       Feuerwehr bis heute bzw. bis zur Auflösung ist nachzuweisen.
Kurzzeitige unbeabsichtigte Unterbrechung durch Revolution oder Krieg sollen außer Betracht bleiben. Ein Wechsel der Organisationsform ( Freiwillige Feuerwehr wird Pflichtfeuerwehr ) ist dabei unerheblich. Anders hingegen ist es, wenn die Dauer der bestehenden Organisationsform ( z.B. Freiwillige Feuerwehr ) ermittelt werden soll. In diesem Fall sollten andere Organisationsformen ( z.B. Pflichtfeuerwehr ) nicht einbezogen werden.
Quellen

Jungs Jahrbücher ( seit 1871 )
Rohrlacks Liste 1897
Brockhaus 1898
Rang- und Quartierlisten 1897 - 1914
Taschenbücher des RDF 1926 - 1944
Raues Taschenbuchreihe 1949 - 1960
AGBF - Broschüren 1990
1992
1994